Emma Ruth Rundle – UT Connewitz, Leipzig, 03.12.17 (Konzertbericht)

Emma Ruth Rundle – UT Connewitz, Leipzig, 03.12.2017 (Konzertbericht)

Nahezu ausverkauft sollte es sein und doch retten Abendkasse-Tickets das noch immer halbwegs überschaubare Publikum. Vor der Tür treibt das erste Schneechaos des Jahres, der perfekte Rahmen für die düster-melancholische Musik der Emma Ruth Rundle. Aber auch der Grund, dass viele, überrascht vom Wintereinbruch, nicht den Weg zu ihrem Konzert im Leipziger UT Connewitz auf sich nehmen konnten. Einen guten Freund hat es ebenso erwischt, der hilflos am Hallenser Hauptbahnhof festsaß, welcher aufgrund eines IC-Kabelbrandes irreparabel außer Dienst gestellt war. Wegen jenem Menschen aber existiert dieser kurze Konzertbericht, auch wenn es sicher nur ein – wenn überhaupt – schwacher Trost sein kann. Doch wie zu erwarten und von allen angekündigt, die bereits das Glück hatten, Emma Ruth Rundle live sehen zu können, machte sie diesen dritten Dezember 2017 zu einem besonderen Abend, der unbedingt rekapituliert werden soll.

Dabei dürfen zuvorderst Jaye Jayle nicht unerwähnt bleiben. Mit ihnen hat Rundle dieses Jahr eine Split EP veröffentlicht und schon die ersten Hörproben machten neugierig. Zwischen croonender Mark-Lanegan-Stimme, später Iggy-Pop-Gelassenheit, Kyuss auf Totenmesse und spannenden Songstrukturen erschaffen die Jungs eine zum Schneiden dichte Atmosphäre aus Nebel-verhangenem Blues und relaxten Rock-Stampfern, die wie gemacht sind für die hoch gewölbten Mauern des Saals. Einer der interessantesten Support Acts, dem ich in den letzten Jahren beiwohnen durfte.

Jaye Jayle
Emma Ruth Rundle (Mitte) mit Jaye-Jayle-Mastermind Evan Patterson (rechts)

Richtet man dann nicht im entscheidenden Moment die Augen auf die Bühne, bemerkt man gar nicht, dass da schon eine einzelne langhaarige Person mit dunklem Lippenstift in Ruhe ihre Gitarre stimmt, bis sie irgendwann leise lächelnd mit Blick in die Menge ihr Publikum begrüßt, eine noch unbekannte, neue Akustik-Nummer ankündigt und über „London Town“ ihrer früheren Band „The Nocturnes“ solo fortsetzt. Erst bei Song drei wird sie von Mitstreitern ergänzt, es ist fast das komplette Lineup der Vorgruppe inklusive deren Mastermind Evan Patterson an der zweiten Klampfe. Dabei hat es schon zuvor nur Sekunden gebraucht, bis Emma Ruth Rundle am Mikro ihre Stimme erhoben und unweigerlich in ihren Bann gezogen hat.

Will man ihrem Auftritt etwas vorwerfen dann höchstens dessen kurze Dauer von etwas über einer Stunde. Aber schon ihr großartiges „Marked For Death“ packte in nicht mehr als 38 Minuten und ließ seine Hörerschaft aufgerüttelt und tief berührt zurück. Live ist das nicht anders, wenn nicht gar noch mitreißender. Denn hier wird nicht einfach nur eine Setlist runtergespielt und ein Haken an den Abend gesetzt. Die Band um die Singer-Songwriterin definiert ihre Stücke neu, variiert und lässt Raum zum Atmen, während Rundle mit Nachdruck verdeutlicht, warum es ihr so schwer fällt, die Songs ihres wichtigsten Werkes zu performen. Sie lebt ihre Musik, fleht, leidet mit ihr, teilweise den Tränen nahe. Transportiert Stimmungen noch intensiver, als sie es auf Platte vermochte. Ein „Hand of God“ wirkt hier noch zerbrechlicher, „Protection“ wirft sie hautnah zurück in das Gefühl betäubender Unterwerfung, der Albumpate „Marked For Death“ vergeht in doomiger Apokalypse.

UT Connewitz
Emma Ruth Rundle - Solo Akustik

Kommunikation mit ihren Fans findet wenig statt, zu sehr ist sie in ihrem Martyrium versunken. Und wenn sie dann doch in einem intimen Moment Rasseln und Schmuck an jene in der ersten Reihe verschenkt, dann geschieht das in schüchterner Zuneigung, nach der sich die Künstlerin so sehr sehnt. Man fühlt ihren Drang nach Positivem, nach Schönheit, wenn sie „Haunted Houses“ und „Arms I know so well“ von der verträumteren „Some Heavy Ocean“ vorträgt oder sich in „The Distance“ von der Split EP „The Time Between Us“ verliert und ihr Publikum erleichtert entlässt.

Als Emma Ruth Rundle nach frenetischem Applaus erneut die Stufen herabsteigt, lässt sie Boxen und Verstärker ruhen und spielt „Real Big Sky“ so wie er gespielt werden soll, so wie sie ihm am Nächsten steht: Nur mittels ihrer Stimme und einer zarten Akustik-Gitarre. Man muss still lauschen und eng an den Bühnenrand rücken, um jede Nuance ihrer traurig großen Ballade aufzunehmen, während sie den Raum des UT Connewitz restlos für sich vereinnahmt. Es ist einer dieser tief ehrlichen, unmittelbaren Konzert-Momente, wie es sie nur selten gibt. Ein wundervoller Abschluss für einen wundervollen Abend mit einer ebenso wundervollen Musikerin.

2 Gedanken zu „Emma Ruth Rundle – UT Connewitz, Leipzig, 03.12.17 (Konzertbericht)“

  1. Uh, nur 60 Minuten? Da wäre ich ja sogar rechtzeitig wieder zu Hause gewesen. Wenn ich denn überhaupt Leipzig erreicht hätte. 🙁 Naja, immerhin bleibt mir dann noch die Chance des erstmaligen Hörens, wenn sie irgendwann wieder den Weg in meine Nähe findet. Bevorzugt im Sommer… Vielleicht…

    1. Ich kann nicht genau sagen, ob es nicht doch länger war, hab nicht auf die Uhr gesehen. Kam mir halt so vor. Aber der Inhalt zählt. Und vielleicht holt sie ja das nächste WGT nach, da musste sie aufgrund Krankheit 2017 absagen (Hat sie sich beim Konzert nochmals für entschuldigt^^)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert