Der Schreibtisch 10/2018 – Russland xoxo USA: BFFs vor der Weltuntergangsuhr

Es gibt Wochen, die sind nicht schön. Die fangen blöd an und werden nur noch unangenehmer. Vor allem, wenn es einem selbst dermaßen dufte geht, dass einem die Feder aus der Mütze springt – und man sich trotzdem nicht des Eindrucks erwehren kann, dass etwas gewaltig verkehrt läuft. Sicher, Schieflage ist immer, gerade momentan, davon muss man sich nicht erst flächendeckend crossmedial überzeugen lassen. Aber manchmal kommt es näher, als einem lieb ist. Da chillt man seine Wohlstandsbasis unter Sonne, Pub und Biergarten und wird das Gefühl nicht los, dass das vielleicht nicht mehr lange so ist.

Und schon steht man da und fragt sich: Was dann? Wenn z.B. der nächstbeste Labile trotz geregelter Lebensbahn auf den Laster-in-Menschen-Hype aufspringt und durch die Leipziger Innenstadt pflügt? Oder ob die Rechtspopulisten schon viel angekommener sind als befürchtet, wenn die Kümmerin des Landes dem Orbán mittlerweile zum Ergebnis seiner einschüchternden wie effektiven Wahlkampfpolitik auch noch gratuliert? Oder wann angesichts aktueller Giftgasanschuldigungen in Syrien das große Zäpfchen platzt und viel weitreichendere Konsequenzen in den Startlöchern mit den Hufen scharren? Die Weltuntergangsuhr kommt aus ihren finalen Zuckungen ja auch gar nicht mehr raus…

Der Zentralrat der Deutschen ist empört…

Münster

Mensch, waren sie wieder schnell dabei! Allen voran Beatrix von Storch, die gesalbte Holzhammer-Schrapnelle des parlamentarisch legitimierten (würg!) AfD-Sauhaufens mit ihrem bitter zynischen „Wir schaffen das!“, nachdem die Amokfahrt eines Campingbusses in der Münsteraner Innenstadt Menschen schwer verletzt und Leben gekostet hat. Die Parteispitze der Radikal-Klappspaten hat dabei in vorauseilendem Gehorsam den Einfachsten unter ihrem Wahlpöbel schon die ranzigen Parolen aus dem Mund genommen – und sich auf ein schäbiges Level mit all jenen Facebook-Tiraden-Kreischern begeben, die sonst so gerne die Arbeit der Ermittlungsbehörden torpedieren.

Aber so ist das halt, wenn die Stücke der Meinungsmache in den linearen Schlauchlevel-Bahnen des rechten Rands genau so fallen, wie sie eben fallen sollen: Ein Kleinbus, eine Innenstadt, und dann auch noch Münster als statistisch wohl schönste und lebenswerteste Stadt der Republik. Klar, der Moslem mal wieder, und seine fragwürdige Auslegung der deutsch geeichten Straßenverkehrsordnung. Wie auch sonst? …Ja, eben! Eben sonst! Offensichtlich können auch Deutsche Autos mieten und am Kläppchen drehen und Dinge machen, die schon andere vorher gemacht haben. Und ganz ohne Jungfrauen, Mensch! An der Sachlage ändert das freilich nichts: Kein fanatischer Hintergrund einer ominösen Masse vernetzter Weltzerstörer, sondern die Einzeltat eines psychisch Kranken. Eine Ausnahme von der „Regel“, so der traurige Tenor der Populisten, die mit derlei Aussagen mittlerweile schon als geradezu gemäßigt durchgehen. Der Zentralrat der Deutschen ist empört…

…weil die Konservativen klatschen…

Grund zum Feiern haben diese Populisten dabei ja gerade genug! Mit dem Wilders damals noch eine derbe Klatsche eingefahren, hat für Le Pen in Frankreich nicht mehr viel gefehlt. Die lumpigen 13% in Deutschland medienübergreifend angefeuert und zum Systemumsturz hochgejazzt – und jetzt steht er da, der Viktor, mit seinem historischen Wahlergebnis. Die „Zeit“ hatte im Peinlichkeits-Bingo ja wieder ganz vorne mitgespielt, als sie ernsthaft der Meinung war, die hohe Wahlbeteiligung könne am Ende nur gut sein für Ungarn. Warum? Weil die dann die Oppositionellen wählen? Bei gezielter Beschneidung der Pressefreiheit, einschüchternder Polemik und dubioser Wahlkampffinanzierung?

Nein, die Parlamentswahl in Ungarn hat eines ganz deutlich gezeigt: Wahlkampf ist System und Instrument, und Druck macht Gewinner – Rechtsnationale Gewinner mit absoluter Mehrheit. Die jetzt die uneingeschränkte Möglichkeit haben, mit Verordnungen und Gesetzen regierungskritische Kräfte in die Illegalität zu drängen. …Und unser bieder-altherrschaftlicher Innen-Horst, der applaudiert und klatscht als Erster. Und die Mutti, die gratuliert „recht herzlich“ und bestärkt die Zusammenarbeit mit Orbán, anstatt sich angemessen zu positionieren und der Angst im Nacken die kalte Machtraute zu zeigen. Le Pen gefällt’s, Geert Wilders nicht weniger, und die AfD plant schon die nächsten Stammtisch-Feiern mit Niveau-Limbo-Weltmeisterschaft. …Schlimm muss es sein, wenn geradewegs nur noch die Russen und die USA da sind, uns europäischen Spielkindern die Kleinigkeit unserer Problemchen vorzuhalten und anzuteasern, was Eskalation eigentlich bedeuten kann…

…und die Weltuntergangsuhr, die macht Tick Tack, Tick Tack!

Weltuntergangsuhr

Denn denkt man an die mittlerweile viel zu vielen und viel zu großen in den Syrien-Konflikt verwickelten „Interessengruppen“, die liebend gerne wieder beherzt aneinander geraten würden, dann wird es sehr schnell sehr dunkel. Während Russland aus dem Blut lecken gar nicht mehr rauskommt, geht es der USA unter First-World-Leistungsträger Dr. Trump wirtschaftlich so schlecht wie selten und hat in solchen Situationen noch nie lange die Imperialismus-Keule im Käfig gelassen. Wenn es dann auch noch um ein Land mit der dunklen Sojasauce im Boden geht, kann so ein Grund zur Eskalation ganz schnell gefunden werden.

Und wer hätte es gedacht: Wieder ist die Bundesrepublik ganz vorne dabei, wenn es darum geht, Feuer auf die Ölfelder zu gießen! „Das Vorgehen des Regimes ist abscheulich, es ist menschenverachtend und es verstößt gegen elementare Regeln des humanitären Völkerrechts und das darf nicht ungesühnt bleiben“, seibert der Regierungssprecher noch ohne klare Fakten vor sich hin, dass selbst ein Wladimir Putin als mahnender Beruhiger auftritt. Das kann gewollt sein, falls die Geschichte stimmt und Russland seine dreckigen Finger im schmutzigen Spiel hat. Das kann genauso gut aber inszeniert sein, taktisch lancierte Vorwürfe kennt man nicht erst seit der Nuklearwaffen-Story unter Saddam, nicht einmal erst seit der Sender-Gleiwitz-Charade bei den Nazis.

Im Ergebnis wird das keine Rolle spielen: Wenn es zur Katastrophe kommt, wird es sehr wolkig und trotzdem warm, sehr regnerisch und dennoch sauer. Die zwei größten Massenvernichtungswaffen der Welt werden Mittel und Wege kennen, das dazwischen liegende alte Europa mit allerlei kreativen Klima-Umschwüngen im Dutzend billiger zu versorgen. Bleibt nur die Frage, wie stabil die glorreiche deutsche Bundeswehr bis dahin aufgestellt ist. Auch wenn auf eines Verlass sein kann: Unsere hochschwangeren Fußsoldatinnen werden das schon rocken, jetzt wo sie ihre neumodischen Umstands-Uniformen als Joker im Ärmel haben. Und dann darf die arme Weltuntergangsuhr, die nun ja schon auf Zwei vor Zwölf steht, auch endlich mit dem Ticken aufhören und in Ruhestand gehen. Glück auf!

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