Final Fantasy XV Tagebuch 04 –
Chocobi, Chocobo, Choco-BEHEMOTH!
Moment! Ganz langsam! Scheinbar jede Gaming-Postille des Erdenrund will mir erzählen, mit meinem royalen Luxuskreuzer könne ich nicht von der Straße runter. Und was mache ich dann hier? Per 60-Zoll-Bereifung und Hektoliter Hubraum durch die Gegend pflügen, oder etwa nicht!? …Eine Konsultation des weltbesten Suchmaschinen-Big-Brother schafft Abhilfe: Ein Patch Anfang des Jahres, seitdem ist dem hoch geschraubten Typ-D-Regalia kein Gelände mehr zu geländig. Außer Bäume! Bäume gehen halt gar nicht. Ansonsten macht es aber Spaß, mit dem Gefährt Furchen durchs Gemüse zu schlagen – Nicht Forza-Horizon-Spaß, aber Ich-bin-der-König-des-Hinterlands-und-ihr-dürft-meinen-Staub-fressen-Spaß.
Doch Obacht! Eigentlich hatte ich doch ein Date mit dem supertolligsten Reit-und-Renn-Gefieder seit Erfindung der Gil-Währung. Blöd nur dass der Leiter der Chocobo-Farm sein Paradies auf unbestimmte Zeit versiegelt, solange ein aufgrund seiner halbseitigen Blindheit als „Nebelauge“ berüchtigter Behemoth in der Gegend sein Unwesen treibt. Und wir Knilche sollen Abhilfe schaffen. Wir? Ein Behemoth? …Hilft natürlich alles nichts, also ab in den Dunst-verhangenen Nebelwald, bis sich das Monstrum schemenhaft in all seiner Größe abzeichnet und wir ihm unbemerkt in sein Nest folgen. Das ist spannend und atmosphärisch großes Kino. Weshalb dann in der Heim-Arena des Okolyten explodierende Fässer vor sich hin existieren, erschließt sich logisch überhaupt nicht und hätte man besser lösen können. Zumindest zeigt die Situation, dass man unter faireren Bedingungen keinen kleinsten Stich gegen diesen König der Wildnis gesehen hätte.
Etwas lädiert kehren wir zu dem Züchter zurück und werden amtlich entlohnt: Chocobo gemietet, weiß umgefärbt, zum Räudigen Ringo umbenannt und aufgesattelt! Und bei Gott, macht das Reiten auf den Federfängern Laune! Querfeldein, Stock und Stein, während der treue Freund mit jedem Schritt dazu lernt, schneller und ausdauernder wird und in Kämpfen zur Seite steht. Oder Prompto und Gladiolus bei den Chocobo-Rennen im Regen der Verlierer stehen lässt.
Was nun folgt sind unzählige Stunden rennen, fahren, reiten, Aufträge sammeln, Quests abschließen, Monster jagen, die Gegenden von Duscae und Cleigne bis in die hintersten Winkel auskundschaften. Teilweise ist zu lesen, dass man mit Final Fantasy XV schon nach 35 Stunden durch sein kann. Und ich muss mich fragen, was diese Leute gespielt haben und warum sie überhaupt den Controller in die Hand genommen haben? Mein Stundenzähler zeigt das Gleiche, nur bin ich in Kapitel 3 von mindestens 15 – und habe noch längst nicht alles gesehen.
Eines muss man zugestehen: Das Quest-Design stammt oft direkt aus der Gaming-Hölle. Hole und bringe das, töte dies, sammle jenes. Das ist redundant, nicht zeitgemäß und seit jeher ein typisches Final-Fantasy-„Feature“. Dass viele Leute gerade in Zeiten von The Witcher keine Lust auf diese A-nach-B-wieder-nach-A-Aufgaben haben und lieber dem Hauptpfad folgen, ist ein Stück verständlich. Allerdings ist die Welt von Final Fantasy XV riesig – und wenn man die Nebenbeschäftigungen auf den Wegen abarbeitet, die man ohnehin beschreitet, sind sie nichts weniger als Köder und Motivator, seinem Erkundungsdrang freien Lauf zu lassen. Und so finde ich weiterhin Dog Tags für Dödel-Dave, fange Frösche für Kröten-Uschi und knipse Bilder für Weirdo-Vyv, der mit uns als Foto-Lakaien noch ganz eigene Pläne zu haben scheint. Und zu Fuß und im Auto höre ich die ganze Zeit sämtliche Final-Fantasy-Soundtracks rauf und runter und freue mich wie ein Schneekönig über jeden nostalgischen Flashback. Nebenbei brennt sich das Hauptthema von Final Fantasy XV als eines der Schönsten der Spielreihe ins Gedächtnis.
Und schließlich gilt es ja noch, diese 13 Königswaffen zu finden, was im ersten Moment furchtbar mühselig klingt und den eigentlich nächsten Questpunkt auf der Reise von Noctis, Gladio, Iggy und Prompto darstellt: Für viele der Reliquien-Fundorte wird man aber nicht an die Hand genommen, sondern stolpert kopfüber in Gegenden, die man sehr bald viel lieber gemieden hätte. Manchmal aber zieht es einen tiefer hinein: Dann erwehrt man sich im finsteren Malmalam-Forst wild gewordenen Alraunen und mutierten Killerwespen, nur um auf der Lichtung gen Ende einem haushohen Bandersnatch gegenüber zu stehen, gegen den man nur mittels Fernmagie, Kommandos und gezielten Verteidigungs-Durchbrüchen bestehen kann. Noch besser inszeniert wird der Aufstieg auf den bedrohlich aktiven Ravatogha-Vulkan inmitten einer an Island erinnernden Lava-und-Geysir-Steppe. Um dort den Königshammer an sich zu nehmen, ziehen wir an Dracheneiern vorbei und erreichen eine riesige Stein-Arena. Mit mulmiger Skepsis durchqueren wir die Szene und es passiert …nichts! Vorerst! Großartig!
Für eines der Relikte soll man in die vereiste Greyshire-Grotte nahe der Stadt Lestallum. Dorthin war die Truppe aufgebrochen, als sie hörte, Gladios Schwester Iris Amicitia hätte es aus Insomnia unverletzt dorthin geschafft. Die ist dann tatsächlich nicht nur putzmunter, sondern zeigt mir bei einem Straßenbummel sogleich die gemütlichen Gassen des an sizilianische Dolce Vita erinnernden Lestallums – mitsamt erhabenem Panoramablick über Cleigne und Duscae und geschäftigem Treiben auf dem städtischen Markt, der voll ist mit Händlern, Restaurants und natürlich kleinen Hol-und-Bring-Diensten. Ich bin getriggert! Iris rückt dann auch endlich damit raus, was der Spieler im Gegensatz zu Noctis längst weiß: Lunafreya, seine zukünftige Frau und als jüngste Kannagi Altissias sowohl Wunderheilerin als auch Königin der Herzen, ist am Leben und wohlauf. Der desillusionierte Prinz schöpft neue Hoffnung – und bekommt von Jared, dem ebenfalls geflohenen Butler der Amicitia-Familie – bzw. dessen Enkel Talcott – den entscheidenden Tipp mit der Wasserfall-Höhle.
Sorgen bereiten die zunehmenden Kopfschmerz-Anfälle von Noctis, in denen er von Visionen des brennenden Insomnias und eines gewaltigen Monsters unter der Cauthess-Platte geplagt wird – Das Areal, in welchem der abgestützte Meteor Cleignes Hauptstadt mit der nötigen Energie versorgt. Und als wir aus der Eisgrotte – die der mittlerweile erfahrenen Truppe kaum noch Probleme bereitete – nach Lestallum zurückkehren, wartet dort ein mysteriöser Fremder, der uns schon kurz am Galdin-Kai über den Weg gelaufen war. Er nennt sich Ardyn, spricht in Rätseln und macht erneut einen ebenso allwissenden wie sinisteren Eindruck. Der Gott Titan scheint zu Noctis zu sprechen – Warum ihm also nicht einen Besuch abstatten? Ein Gott? Etwa hier auf Eos? Vielleicht im Innern des Meteors? Wer ist dieser Ardyn mit den gefährlichen roten Augen? Was sind seine Pläne? Mit flauem Gefühl im Magen folgen wir dem Fremden in Richtung Cauthess-Platte…